|
|
Betreff: Fragen zum NLP-Buch von O'Connor und Seymour
Hallo
Bin am Lesen des NLP-Buches von O'Connor und Seymour und es sind zwei
Fragen aufgetaucht:
1. Auf Seite 70 wird von den Zugangshinweise der Augen gesprochen. Es
wird von der neurolgischen Verbindung zwischen Augenbewegung und
Repräsentationssystem gesprochen, dass diese Muster weltweit auftreten -
ausser in der baskischen Region in Spanien. Wieso ist das Baskenland
eine Ausnahme?
Antoinetta
---------------------------------------------------------------------
|
|
O'Connor und Seymour
Neurolinguistisches Programmieren:
Gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung, VAK-Verlag, Auflagejahr unbekannt
Seite 69 ff
|
|
Zunächst einmal: Ein kritischer Blick auf Grundlage des NLP Metamodells der Sprache –
angesetzt auf einen NLP (Glaubens-) Artikel / Abschnitt im Buch von O’Connor und
Seymour – Neurolinguistisches Programmieren: Gelungene Kommunikation....
|
|
Mein Vorschlag: Man sollte unterscheiden zw. „Augenbewegungen“ und
„Repräsentationssystemen“.
Wohlgemerkt: wir setzen jetzt das Meta-Modell der Sprache ein, um kritisch mit diesen
beiden Worten/Begriffen des NLP umzugehen.
Methodisch bedeutet dies : wir sind auf einer meta-sprachlichen Ebene oder auf einer
sprachlichen Meta-Ebene (siehe: Meta-Modell der Sprache!).
|
|
Das Wort „Augenbewegung“ ist zunächst einmal eine Nominalisierung, Verzerrung. Kann
aber relativ einfach in ein Prozess- oder Tätigkeitswort umgewandelt werden: „Augen
bewegen“ – Aus einer Nominalisierung wird ein Prozesswort - „Augen bewegen (sich)“.
Dieser Prozess lässt sich wahrnehmen: mit Hilfe von wissenschaftlichen Methoden. Zum
Beispiel per Film und Zeitlupe. Oder bis zu einer gewissen Grad der Präzision auch mit
unseren eigenen Augen.
|
|
„Repräsentationssysteme“ ist ein theoretisches Konstrukt, ein Terminus, eine
Nominalisierung – also im Sinne des Meta-Modells der Sprache eine Verzerrung.
Als Kriterium für das, was eine „Nominalisierung“ ist, empfehlen die NLP-Entwickler
Bandler oder Grinder folgende Gedankenhilfe:
Alles was man in eine Schubkarre legen, stellen, setzen kann, ist keine Nominalisierung:
z.B. der PC, eine Tüte Haumichblau (oder doch?), die Oma, der Pralinenkarton usw.
Mit Nominalisierungen geht das nicht – z.B. „ das Repräsentationssystem“ dürfte von
niemanden bisher an diesem Ort gelagert worden sein – oder?
Natürlich kann man „Augenbewegung“ auch nicht in eine Schubkarre legen, aber sich
bewegende Augen sind mit unseren Sinnen (und entsprechenden Instrumenten, die
unsere Sinne ersetzen (Kamera) als Prozesse direkt beobachtbar!
Dies zu den metasprachlichen Aspekten.
-----------------------------------------------------------------
|
|
Nun zur Frage von „Wahrheit“, empirische Belegbarkeit, Wissenschaftlichkeit usw.
|
|
Ich persönlich empfehle zunächst einmal – wenn man wissenschaftliche Kriterien
empirischer Überprüfung dieser Modelle zugrundelegt – vorsichtigen Umgang.
Was mir plausibel wäre:
Dass bestimmte Sinnesprozesse korreliert, verbunden mit bestimmten Augenhaltungen
sich in der Evolution herausgebildet haben: als überlebensfördernd. Im Anhang ein
paar Überlegungen dazu.
Beispiel 1: Wenn unsere Vorfahren Tiger oder Löwen jagten – oder von ihnen gejagt
wurden – dann war es sinnvoll – die „Augen auf“ zu machen. Das visuelle „Abtasten“
der Umgebung und des Horizonts – und damit eine rel. hohe Stellung der Augen – dürfte
mit dem überlebensnotwendigen Sammeln visueller Informationen stärker verknüpft
bzw. korreliert sein als mit einer „mittigen Augenstellung“ oder dem Blick nach unten.
Die Augen „auf“ und immer auch ein bisschen nach oben dürfte sinnvoll sein, wenn
man optische/visuelle Information von aussen sammelt – als bedenkliches
Gegenbeispiel siehe den „Hans guck’ in die Luft’ im Struwwelpeter....
|
|
Also wären in irgendeiner Weise externe visuelle Wahrnehmung („Repräsentationssystem
V“) und Augenhaltung miteinander verknüpft, „sinnvoll“ verknüpft. Dann könnte es
durchaus sein, dass interne visuelle Wahrnehmungen, ob nun konstruiert oder erinnert -
auch stärker mit einer solchen Augenposition verbunden sind. Und dann kann es
wiederum plausibel sein, dass zur Förderung z.B. interner visueller Wahrnehmungen
(konstruiert, erinnert) die Position und „Haltung“ der Augen genutzt werden können, um
genau solche gedanklichen Prozesse (in diesem Fall Bilder) in Gang zu setzen. So wie wir
ja auch für andere neuronale Prozesse bestimmte Körperhaltungen und
Körperbewegungen als förderlich, andere als hinderlich erfahren.
|
|
Aber auch mit solchen „sinnvollen“ Erklärungen ist vorsichtig umzugehen...Es gibt eine
Menge von „evolutionären Errungenschaften“, die in diesem Sinne „sinnlos“ sind und
doch vorhanden. Einige Zyniker meinen, dazu gehöre der menschliche Verstand. Aber
dann gäbe es kein „NLP CORE“ und keine LernCOREnversation und wir würden uns mit
einer herkömmlichen „normalen“ NLP-Ausbildung zufrieden geben.
|
|
Beispiel 2: Die Lokalisierung eines Tons ist vielleicht am besten verknüpft mit einer
mittigen Augenstellung, denn Töne können von überall kommen, der dann willkürliche
Blick in eine bevorzugte Richtung könnte also die Aufmerksamkeit von der eigentlichen
Quelle im Raum ablenken. Der Tiger brüllt von „links hinten“ – wir blicken aber gerade
auf nach „vorne oben“. Also könnte es überlebenshilfreich gewesen sein, den Blick
„neutral“ in der Mitte zu halten, um so volle Konzentration auf den Ton und seiner
möglichen Herkunftsrichtung zu erhalten. Bei Auftauchen von Tigern geht es ja – wie wir
alle schon erfahren haben - manchmal um Bruchteile einer Sekunde.
Einverstanden? Nein? Bitte Gegenargumente.
|
|
Beispiel 3: Wenn ich mich dem Gefühl widme oder mich einem inneren Dialog mit mir
selbst zuwende, dann könnte es wiederum sinnvoll sein, den Blick von aussen (Horizont,
„vorne“) oder mittig nach innen (unten) und damit auf mich selbst zu lenken. Dies
könnte wiederum evolutionsbiologisch grössere Chancen bieten, von aussen
einströmende „In-Formationen“, die ja auch irritieren und ablenken können,
abzukoppeln und sich auf Gefühl und inneren Dialog durch Hinwendung des Blicks zu
mir nach unten zu konzentrieren.
„Oben“ sieht man von sich selbst relativ wenig, unten normalerweise mehr – es sei denn,
macht einen Kopfstand. Mit sich selbst in einen inneren Dialog zu treten und in das
eigene (Körper-) Gefühl hineinzugehen kann – wenn nicht gerade der erwähnte Tiger
schnelle Reaktion und Reflexe (k!,k!,k!) erfordert – evolutionsbiologisch bis zu einer
bestimmten Grenze überlebensförderlich sein.
Wird eine bestimmte Grenze des inneren Dialogs – ob nun tonal extern hörbar oder nicht
- überschritten, dann kommen allerdings die Jungs mit der weissen Jacke ohne
Ärmel...Wie es letztens in der Sendung „räckpack“ oder so ähnlich dem Erich von
Däniken widerfuhr....
Klingt irgendwie plausibel - muss aber auch nicht sein.
|
|
Meines Wissens sind die Thesen von Bandler und Grinder empirisch nicht bestätigt aber
auch nicht widerlegt worden. Man ist sich da nicht einig... Leider kann ich im Moment
selbst keine Quellen dazu angeben....
|
|
Die Behauptung, „mit Ausnahme der baskischen Region in Spanien“ gäbe es
angeborene neurologische Verbindung zwischen Augenbewegungen und
Repräsentationssystemen weltweit, halte ich – gelinde gesagt – für typischen NLP-
Quatsch. Den gibt es leider! Meine für CH- Umgangsformen evtl. etwas wenig gefällige
Behauptung halte ich aufrecht bis zum Nachweis des Gegenteils.
|
|
Ärgerlich und dies ist ein generelles Problem in vielen NLP Büchern: Die (Literatur-)Quelle
für diese Behauptung wird nicht angegeben (sie ist, soweit ich das feststellen kann,
getilgt) – wäre sie vorhanden, dann könnte man die Sache eigenverantwortlich
überprüfen.
Im übrigen setzt die Behauptung, dass „dieselben Muster weltweit“ auftreten, voraus,
dass diese Frage „weltweit“ erforscht und überprüft wurde. Eine solches
weltumfassendes Forschungsinteresse haben die Augenmuster der Herren Bandler und
Grinder meines Wissens bisher nicht angestossen.
|
|
Zurück zum sprachkritischen Umgang – NLP auf NLP angewandt: Wenden wir textkritisch
auf unsere NLP Autoren unser Meta-Modell der Sprache an, so können wir fragen:
Wer genau behauptet dies (Tilgung der Quelle)?
Was genau heisst „weltweit“ (Verallgemeinerung)? Jede Kultur, jede Ethnie, jeder Stamm
dürfte doch diesbezüglich noch nicht überprüft worden sein - oder? Wenn doch, dann
bitte Tilgung auf- und Quelle angeben.
Spätestens hier wird aus einer bis heute in dieser Form nicht bestätigten Hypothese, die
zunächst einmal interessant klingt und es auch m.E. ist (Forscher haben sich auch an die
Analyse der Augenmuster unabhängig von der Bandler/Grinder-Version gewagt), ein
Glaubens-Artikel – im mehrdeutigen Sinn des Wortes.
NLP Glauben, Glaubenssätze, NLP Beliefs
Genau dann fängt allerdings die Sache auch wiederum an, interessant zu werden. Dann
allerdings reden wir über Glaubensartikel und Glaubenssätze oder Beliefs des NLP – und
ihren Wirkungen mit und ohne „empirischer“, wissenschaftlicher Gültigkeit.
|
|
Nehmen wir einmal an, die Hypothese sei in dieser Form widerlegt bzw. nicht bestätigt.
Welche Wirkungen hätte der „Glauben“ eines NLP-Anwenders an die Augenmuster-
Hypothese – bzw. welche Effekte hat diese Hypothese für den „gläubigen“ Anwender?
|
|
Hier beginnt eine ganz andere Thematik: wir verlassen die „Oberflächenstruktur“ des NLP
und dringen ein in seine „Tiefenstruktur“.
Leitfrage an jeden Leser: Welche Wirkungen hat ein solcher Glauben (an
Repräsentationssysteme und Augenzugangshinweise) auf die
-
Kommunikation mit sich selbst (Selbstmanagement)
-
Kommunikation mit anderen,
wenn der Anwender von der „Richtigkeit“ der Hypothese überzeugt ist?
Aber das ist dann – wie gesagt – eine ganz andere grundsätzliche Frage. Einer der
Gründe, warum wir neben „CORE NLP“ die Dimensionen des „NLP CORE“ bzw. die
„LernCOREnversation eingeführt haben....Einer der Gründe, warum wir uns in den CORE
Ausbildungen bei aller Wertschätzung des kreativen Potentials des NLP mit bestimmten
Thesen und Aussagen (selbst)kritisch auseinandersetzen...
|
|
|
|